Hintergrund

Pop-up: Stühle zum (Be)sitzen

Die Deutschen verbringen immer mehr Zeit im Sitzen. Das zeigen Ergebnisse eines Reports der Deutschen Sporthochschule Köln und der Deutschen Krankenversicherung (DKV), der im Sommer 2023 vorgestellt wurde. Wir sitzen durchschnittlich 9,2 Stunden an einem Werktag! Ganz aktuell ist also der Fokus auf Stühle – zur Zeit auch das große Thema im GRASSI Museum für Angewandte Kunst in Leipzig. Die zentrale Ausstellung zum 150. Geburtstag des Museums, A CHAIR AND YOU von Robert Wilson nimmt sich allerdings eher unterhaltsam, mit spektakulärem Wow-Effekt und auf künstlerisch-kreative Weise des Themas an.

© smow

Im Foyer im 1. Obergeschoss des Museums dagegen ermöglicht smow den Museumsbesucherinnen und -besuchern mit ihrem Pop-Up “Stühle zum (Be)sitzen” eine niedrigschwellige Begegnung mit Klassikern des modernen Stuhldesigns. dieses Jahres ein Pop-up mit Ikonen des Stuhldesigns des 19. und 20. Jahrhunderts. Die Robert Wilson-Schau war der thematische Impulsgeber für das Pop-up: Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des Museums und thematisch passend zu A CHAIR AND YOU präsentiert smow bis Ende des Jahres Ikonen des Stuhldesigns des 19. und 20. Jahrhunderts. Objekte, die sich manch einer schon lange heimlich wünscht, aber noch nicht im eigenen Wohnzimmer stehen hat. Möbel, die in Hochglanzmagazinen, Design-Museen, Hotel-Lounges oder repräsentativen Räumen großer Firmen vermutet werden dürfen.

Hier stehen sie, thematisch verteilt auf vier Teppich-Inseln und von Hinweistafeln mit knappen Beschreibungen dessen, was ihr Besonders sein ausmacht, begleitet. Die Aufforderungen, Platz zu nehmen sind nicht zu übersehen und eröffnen die außergewöhnliche Gelegenheit, selbst mit allen Sinnen zu erfahren, was die Qualität und Prominenz dieser Sitzgelegenheiten ausmacht.

Stars jeder Einrichtung © smow

Gleich zwei Mal ist die dänische Manufaktur Fritz Hansen mit den äußerst populären Entwürfen des Designvisionärs Arne Jacobsen vertreten, dessen Ideen seit den 50er Jahren die dänische Designlandschaft und die ganze Welt beeinflussten. Er schuf 1955 den “Serie 7 Stuhl” mit seiner unverwechselbaren Silhouette, und 1958 den “Egg Chair” für das SAS Royal Hotel in Kopenhagen. Mit stark architektonischem Ausdruck und weichen, organischen Rundungen werden diese Stücke bis heute nahezu unverändert hergestellt. Zu den Stars jeder Einrichtung zählen im smow Pop-up noch der “Barcelona Chair”, den Mies van der Rohe 1929 für den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Barcelona entwarf, und der minimalistischen Sessel “PK4” des Designers Paul Kjaerholm, 1952 erfunden und seither aus gebogenem Stahlrohr und 66 Meter Flaggleine gefertigt.

Design zum Sitzenbleiben © smow

Wir kennen das: Die Tischgesellschaft. Alle haben längst aufgegessen, doch noch muss die Welt verhandelt werden und alle bleiben ins Gespräch vertieft sitzen. Als Design zum Sitzenbleiben schlagen die Designexperten von smow das erfolgreichste Schweizer Möbelstück aller Zeiten vor, den 1971 entworfenen “Rey Stuhl”, von Bruno Rey für die Marke HAY als Teil einer ganzen Möbelkollektion entworfen. Auch der erste aus einem Stück gefertigte Vollkunststoff-Freischwinger-Stuhl ist dabei, von Verner Panton 1959 erdacht und gemeinsam mit Vitra zur Serienreife (1967) entwickelt. Seine körpergerechte Form aus leicht flexiblem Material fordert geradezu heraus, ihn auszuprobieren. Und schließlich darf man sich auch auf  “Victoria Ghost” niederlassen, 2005 von Designer Philipp Stark für Kartell erfunden. Aus transparentem Polycarbonat in einer einzigen Spritzgussform hergestellt, lässt er uns schweben.

Bugholz bis zum Freischwinger ©smow

Eine Gruppe von drei Stühlen veranschaulicht die Entwicklung vom Bugholz bis zum Freischwinger. Als Michael Thonet um 1830 mit Wasserdampf experimentierte und so das Bugholzverfahren erfand, war nicht absehbar, welchen Meilenstein er damit in der Möbelgeschichte setzte. Seine Kaffeehaus-Stühle wurden seit 1859 zu weltweiten Klassikern. Der Designer Mart Stam experimentierte Mitte der 1920er Jahre mit anderem Material und kreierte 1926 den “S33”, den ersten Freischwinger der Welt. Ein gebogenes Stahlrohrgestell bespannte er mit Leder – seitdem fasziniert der flexible Sitzkomfort dieses Thonet-Stuhls ohne Hinterbeine die ganze Welt.

“Intelligente” Designerstühle © smow

So einfach wie genial präsentieren sich schließlich “intelligente” Designerstühle, die sehr viel mehr bieten, als dass man nur bequem darauf sitzen kann. Designer Harry Thaler 2011 entwickelte für Nils Holger Moormann den leichten, stapelbaren Stuhl “Pressed Chair”, der in modernster Fertigungstechnik aus einem flachen Stück Aluminium gepresst wird. Noch früher erfanden Charles und Ray Eames 1950 den “Eames Plastic Chair” als Beitrag für einen Designwettbewerb des MoMa New York und damit die ersten Kunststoffstühle der Möbelgeschichte. Seit 2024 verwendet Vitra für die Produktion der Sitzschalen dieser Stühle ressourcenschonendes Recyclingmaterial. Den “Crate Lounge Chair” für HAY entwarf Gerrit Rietveld 1934 unter Verwendung von überschüssigem Verpackungsmaterial aus nicht benötigten Holzkisten – die Produktion dieses bewährten Designs erfuhr jüngst ein aktuelles Update.

Noch bis zum Jahresende wird das smow Pop-up die Museumsbesucherinnen und -besucher dazu verführen, Platz zu nehmen und sich nicht nur mit dem Sitzkomfort von Designikonen zu beschäftigen. Auch ihre Entstehungsgeschichten, ihre formalen Konzepte, Herstellungsverfahren und Materialien, neue Ästhetiken und technologische Besonderheiten verdienen Aufmerksamkeit. Viele Aspekte guten Designs werden hier auch für Laien offensichtlich und erlebbar vermittelt. Die smow-Präsentation zur Feier des Jubiläumsjahres unterstreicht und würdigt die langjährige Partnerschaft von smow mit dem Museum, getragen durch die gemeinsame Leidenschaft für das Thema Design, die sich auch im Betrieb des Museumsshops durch smow und in der Stiftung des smow-Designpreises zur GRASSIMESSE zeigt.