Ausstellung Hintergrund

Die museale Blumenwiese – im Gespräch mit Ute Camphausen

Durch die Magazine und Depots des Museums zu streifen und dort wie auf einer üppigen Sommerwiese Blumen zu pflücken – das war die Idee der Ausstellungskuratorin Ute Camphausen. Ohne eigenes Sammlungsgebiet ist sie im GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig vorrangig für die Administration im Zusammenhang mit Ausleihen für Ausstellungen und die Dokumentation der Sammlungen zuständig. Seit 1989 ist sie am Museum und kennt dessen Bestände sehr genau. Im Wissen um diese Schätze ist die Verlockung, sie ans Licht zu holen und unter bestimmten Aspekten neu zu kombinieren, so wie man auch Blumen zu einem einzigartign Strauss zusammen stellt, besonders groß. Vor einem Jahr, während des gemeinsamen Brainstorms für zukünftige Ausstellungsthemen, konnte Sie Ihre Kollegen mit der Idee zu einer Blumenschau begeistern und nahm ihre kuratorische Arbeit dafür auf.

Doch auch ein Blumenstrauss wird unter bestimmten Gesichtspunkten komponiert um seine spezifische Wirkung zu entfalten. Entsprechend ist es Ute Camphausen auch mit der Konzeption zur Ausstellung „BLUMEN FLOWERS FLEURS“ gegangen, deren Motto als übergreifendes Thema mehrere Materialgebiete sowie zeitliche- und geografische Epochen erfasst. Einerseits orientiert sich die Auswahl der Exponate an der Struktur des Ausstellungsraumes, der einzigartigen Pfeilerhalle mit ihren 12 dreiseitigen Vitrinenpfeilern. Sie flankieren den Raum, der auch für unterschiedliche Veranstaltung genutzt wird. Hier können aus konservatorischen Gründen keine lichtempfindlichen Papier- und Textilarbeiten präsentiert werden. Also konzentriert sich die Kuratorin in erster Linie auf Gefässkunst und Schmuck – rund 360 Objekte aus Keramik, Glas, Metall und Kunststoff. Und wie schafft man es, in die Gleichförmigkeit dieser Situation Leben zu bringen?

Auf ihren intensiven Spaziergängen durch die Depots ließ Ute Camphausen sich zu zwölf Themenwelten inspirieren unter denen sie ihr Sujet nun, voller Assoziationen und Überraschungen, darbietet. Zum Beispiel „Göttin Flora“, „die Tulpenvielfalt“ oder „Gärten, Wiesen, Felder“ geben für dieses intuitive Vorgehen den Ton an. Sie erlauben weit mehr undogmatische Begegnungen als die barocker Fayencen mit dem Jugendstil oder osmanischer Keramik mit modernen plastischen Arbeiten aus den Niederlanden. Eines der ältesten Exponat ist ein İznik-Teller aus dem Anatolien des 17.Jhs und eines der jüngsten ist ein Schmuckstück des Künstlers Daniel Kruger.  Inspirationen aus der Natur, der Künstler untereinander, der Moden und des Zeitgeistes schlugen sich auf die Gestaltung der Objekte nieder die, assoziativ einander zugeordnet offenbaren, dass die Verwandtschaft der Dekore und Stile Jahrhunderte umarmt und Abstraktion wie Realismus weder materielle, zeitliche noch geographische Grenzen kennen.  Ute Camphausen nutzte eine Probevitrine im Depot um ihre Auswahl an Objekten zu überprüfen, sie stetig zu reduzieren und aus der Fülle wirklich die Essenz zu destillieren, die den Besucher inspirieren und begeistern kann.
Die geplante Laufzeit der Schau umfasst ein ganzes Jahr. Sie knüpft thematisch an die großen, kommenden Ausstellungen des Museums an: zuerst an die „Europäische Fayencen“ (23.11. 2017 bis 06.05.2018), in der die aussergewöhnlich umfangreichen Bestände des Museums aus der Zeit des 17. und 18.Jhs. im Focus stehen. Ab dem Sommer 2018 in Korrespondenz mit „Made in Denmark“ (02.06. bis 07.10.2018), da insbesondere mit den Objekten des skønvirke, dem dänischen Pendant zu Jugendstil, Art Nouveau und Arts and Crafts aus der frühen Zeit des 20.Jhs.

Vorbereitungen: Entwurf für Info und Plakat sowie eine Jugendstil-Kanne aus Zinn

Das vielfach vergößerte Detail der Bemalung einer Meissen-Tasse wirbt als äusserst dekorativ gestaltetes Plakat für die Ausstellung und tut genau das, was man sich für den Besucher wünscht: dass er sich inspiriert in die dargebotenen Schätze der Ausstellung und ihren Zuammenhang vertiefen möge. Über’s Jahr werden nicht nur begleitende Führungen angeboten sondern auch ein vielfältiges Programm, in dem das Blumenthema auf unterschiedlichste Weise aufgegriffen wird – nicht zuletzt durch einen Kochkurs, der den Teilnehmern die kulinarische Verwendung von Blumen näher bringt. Ute Camphausen hat, im übertragenen Sinn, viele Vergißmeinnicht in ihren abwechslungsreichen Asstellungs-Strauss gebunden. Lassen Sie sich überraschen!

 

BLUMEN FLOWERS FLEURS vom 4.November 2017 bis 14.Oktober 2018

GRASSI Museum für Angewandte Kunst www.grassimuseum.de

Johannisplatz 5-11, 04103 Leipzig,

Öffnungszeiten: Di-So, Feiertage 10 bis 18 Uhr, am 24.12 und 31.12.2017 geschlossen