Hintergrund

Grassi-Gratulanten in der Pfalz

Lotte Reimers, herausragende Persönlichkeit der deutschen Studio-Keramik, feierte in diesem Jahr ihren 85. Geburtstag. Seit rund zwanzig Jahren ist sie Mitglied des Freundeskreises des GRASSI Museums für Angewandte Kunst. Sie hat ihre Verbundenheit mit dem Leipziger Museum für Angewandte Kunst durch Schenkungen und Vermittlungen in vielerlei Hinsicht immer wieder auf’s neue bezeugt. Anlass genug für fast 30 Grassifreunde vom 13. bis 16. Juli 2017 eine Exkursion in die Pfalz zu machen, Lotte Reimers zu besuchen und ihr die Ehrenmitgliedschaft im Freundeskreis anzutragen: „in Anerkennung der außerordentlich bedeutsamen Schenkungen an das GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig sowie der langjährigen aktiven und für das Haus werbenden und verknüpfenden Mitgliedschaft im Freundeskreis“ – so der Text der Ernennungsurkunde.

Nach dem Motto, der Weg ist das Ziel, wurde die Bus-Reise in Fulda unterbrochen, um dort unter kundiger Führung den Dom, die Michaeliskapelle und die Barockstadt auf einem Spaziergang näher kennen zu lernen. Beeindruckt von den kulturhistorischen Zeugnissen führte der Weg auch in die Gärten der Stadt, großartig gepflegt und von spektakulären Blumenbeeten und Rabatten durchzogen – Inspiration für die Gärtner in der Reisegruppe. Die Fahrt ging weiter nach Deidesheim, Lebensmittelpunkt von Lotte Reimers und dem Ausgangspunkt unserer Ausflüge in die Pfalz.

Speyer mit seinem eindrucksvollen Dom, Dommuseum und der Altstadt wurde uns von exzellenten Führern nahe gebracht. Die weitreichenden, dramatischen Zeitläufte – abzulesen an den alten Steinen – haben ihre eindrucksvollen Spuren hinterlassen und lieferten viel Gesprächsstoff.

Eine ausführliche Fahrt durch den Pfälzerwald ließ die Freude erahnen, die es bringen muss ihn zu Fuss oder per Rad zu durchstreifen. Der Tag neigte sich in bei einem hervorragenden Abendessen im Deidesheimer Weingut Siben und einem erfrischend spritzigen Glas Riesling dem Ende zu.

Westlich der südpfälzischen Kleinstadt Edenkoben liegt die Villa Ludwigshöhe in den Weingärten am Rand des Pfälzerwaldes mit weitem Blick über die Rheinebene. Als Sommerresidenz des bayrischen Königs wurde die Villa nach Plänen des Architekten Friedrich Wilhelm von Gärtner von 1846 bis 1852 erbaut. Ludwig feierte dort alle 2 Jahre seinen Geburtstag und war nur circa 8 mal dort. Ihr herrlicher Erhaltungszustand und der großartigen Aussicht vom Odenwald bis zum Schwarzwald lockte nicht nur uns sondern auch viel Brautleute die sich dort oben im Hochzeitszimmer wie am Fliessband den Schwur für’s Leben leisteten und mit ihren Festgesellschaften vor dem imposanten Panorama auf dessen Gelingen anstiessen.

Die Kuratorin der Abteilung Gemälde & Skulptur am Landesmuseums Mainz führte uns derweil in das Werk Max Slevogts ein, der unweit der Villa seinen Lebensmittelpunkt hatte und dessen gesamter Nachlass dem Rheinland-Pfälzischen Landesmuseum – der Villa – übertragen wurde. Dr. Karoline Feulner berichtete aus dem Leben und Wirken dieses bemerkenswerte Künstlers, der neben Max Liebermann und Lovis Corinth zu den bedeutendsten deutschen Impressionisten gezählt wird. Im Anschluss folgten wir einer kurzweiligen Führung durch die Villa selbst, die unser Verständnis für die Umstände ihrer Erbauung, Ausstattung und Nutzung weckte. Bei allem Prunk und Raffinesse in der innenarchitektonischen Ausstattung der Gesellschaftsräume imponierte die Küche doch ganz besonders – bis heute original und voll funktionstüchtig, geradezu genial in ihren technisch rafinierten Funktionen.

Selig unter’m Feigenbaum rastend bleib noch Zeit die atemberaubende Weitblicke bei sensationellem Wetter zu geniessen.

Am Nachmittag empfing Lotte Reimers die große Gruppe der Gratulanten aufrecht und hocherfreut in ihrem pittoresken Haus. Über drei Etagen sind hier ihre und anderer Meister Keramiken zu bewundern. Ein langes Leben in und mit der Kunst vermittelt sich hier auf eindrückliche Weise. Lotte Reimers mittendrin, als Initiatorin und treibende Kraft ein Epizentrum deutscher Studiokeramik bewahrend. Die festliche Übergabe der Urkunde fand abends im Rahmen eines gemeinsamen Dinners statt.

Nach dem Motto, der Weg ist das Ziel, wurde die Bus-Reise auf dem Rückweg nach Leipzig in Darmstadt unterbrochen, um dort unter kundiger Führung die Künstlerkolonie Mathildenhöhe mit ihren frisch sanierten Jugendstilbauten zu besichtigen. Auf eigene Faust konnte man hinterher die Ausstellung “Weltentwürfe” erkunden, mit denen die Jugendstilkünstler, die von 1899 bis 1914 in der Kolonie lebten, bei vier Weltausstellungen angetreten sind. Darmstadt will die neue Ausstellung nutzen, um der Künstlerkolonie den Titel Weltkulturerbe zu verschaffen.

Wer in Zukunft mit reisen und Kultur auf besondere Weise entdecken möchte, kann sich an den Freundeskreis des GRASSI Museums für Angewandte Kunst in Leipzig wenden