In meinem Gespräch mit Olaf Thormann, dem Direktor des GRASSI Museums für Angewandte Kunst Leipzig, war natürlich auch die Planung und Konzeption der Sonderausstellungen ein Thema. Die sinnvolle Verankerung dieser Projekte in das große Ganze der Museumsarbeit ist für Thormann ganz wesentlich.
„Erstaunen bei den Besuchern darüber hervorzurufen was schon vor Jahrzehnten und Jahrhunderten erschaffen wurde, das bringt Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit,“ betont er, „ die Kontinuität kreativen Schaffens stärkt das Bewusstsein, dass es auch künftig Kreativität geben wird. Wiederholungsschleifen sind kein Sakrileg, auch wenn man denkt manches sei abgegessen. Doch es gibt immer wieder neue Varianten, Brückenschläge zwischen den Zeiten, die aufzeigen welche Vordenker es in der Kunstgeschichte gegeben hat.“
Auch die Moderne bietet Themen. Die Ausstellung „Bikes – das Fahrrad neu erfinden“ zeigt gegenwärtige Strömungen der neuen Radkultur auf, die längst über das rein Technische und Gestalterische hinausweisen. Soziale und politische Themen werden genauso berührt und zur Diskussion gestellt. „Es ist nicht das Schielen nach der Leimrute”, stellt Thormann klar, “doch es nutzt uns nichts wenn wir Ausstellungen machen die nur wenige interessant finden. Wir brauchen Themen die ein relevantes Publikum begeistern und die sind nicht einfach zu finden.”
„Wir versuchen auch immer Modelle zu entwickeln die das Finanzielle auf eine andere Basis stellen – im nächsten Jahr z. B. mit der Solo-Ausstellung der Werke von Carolein Smit (NL). Sie kommt aus der freien Kunst und bedient sich des Keramischen. Gemeinsam dem Victoria & Albert Museum in London und dem Drents Museum in Assen wird es nahezu parallele Laufzeiten für die Schau geben – und ein Buch für alle zusammen. Wer sich dafür interessiert schaut sich alle drei Standorte an. Für alle drei Häuser wird Carolein Smit eine eigene Wandinstallation anfertigen, für das Grassi einen Totentanz in Bezug auf den Friedhof. In Leipzig wird die Ausstellung ab Juni gezeigt, also rechtzeitig um auch das Wave Gothic Publikum zu erreichen.“
Verpflichtungen für das Museum erwachsen auch aus Schenkungen. „Sie geben Anlass etwas daraus zu machen, etwas aufzuzeigen das bis heute Relevanz hat.“ Daher ist für den Sommer 2018 eine Ausstellung über Dänisches Design in Vorbereitung. „Den Ansatzpunkt bietet hier die Schenkung des Hamburger Sammlers Hans Laffrenz. Seine Sammlung dänischen Kunsthandwerks und Designs umfasst überwiegend Objekte aus der Zeit von 1895 bis 1920,” erklärt Thormann, „und sie ergänzt hervorragend die Bestände des GRASSI Museums für Angewandte Kunst, die eine schöne Kontinuität durch die Zeiten wieder geben. Erwerbungen gibt es seit der Gründungszeit, aus den Weltausstellungen und von den Ausstellern, die auf den historischen GRASSIMESSEN und sogar noch nach dem Krieg ausstellten,“ erläutert er und stellt sich diese Fragen: „Wie ist dieser Ruf des Vorbildlichen der Dänen? Können wir das mit den Dingen die wir haben darstellen? Was fehlt uns, wo gibt es Defizite, wo müssen wir ergänzen?“
Im Vorfeld von Ausstellungen mobilisieren solche Fragen alle Kräfte auch mit Sammlern zu sprechen und diese zu veranlassen ergänzende Stücke anzubieten. „Wir wissen das wir einen ziemlich respektablen Bestand haben, der sich zeigen lässt“ bemerkt Thormann stolz, “dennoch ist er an vielen Stellen ausbaufähig.“ Und er hofft, dass „die Ausstellung unter anderem ein Motor für die Leute ist, die kommen und auf Fehlendes hinweisen – und es dem Museum anbieten.“