Am vergangenen Wochenende präsentierten hundert Aussteller aus dem In- und Ausland an über 70 Messeständen im GRASSI Museum für angewandte Kunst in Leipzig ihr aktuelles Oeuvre. Sie liessen das Sammlerherz höher schlagen und die Liebhaber feinen Handwerks und stilsicherer Gestaltung jubeln. Doch auch die Innovationshungrigen kamen ganz auf ihre Kosten, ebenso jene, die sich nach exquisiten Wohn- und/ oder Modeaccessoires umschauten oder die, die eine Leidenschaft für konzeptionelle Schmuckideen und/oder originelle Spielobjekte pflegen. Rund 10.000 Besucher durfte die GRASSIMESSE vom 20. bis 22. Oktober 2017 begrüßen. Die Aussteller der GRASSIMESSE 2017 boten ihnen eine erlesene Fülle lustvoll gestalteter Meisterstücke, aus der die Jury die vier Preisträger ausgewählen durfte:
Sonngard Marcks nimmt im Kreis der deutschen Keramikkunst schon immer eine Sonderstellung ein. In ihren Werken, deren traditionelle Wurzeln in der Fayence Keramik zu finden sind, verbindet sie mitunter sehr fantasievolle Kaeramikkunst mit exquisiter Malerei. Diese orientiert sich an klassischen Vorbildern und weist doch darüber hinaus. Sonngard Marcks verbindet ihre Liebe für – und ihre Sorge um – die Natur in präzisen Darstellungen botanischer Schönheit und Vergänglichkeit. Ihre Illustrationen verbinden sich symbiotisch mit der Trägerform und wachsen manches Mal sogar räumlich daraus hervor. Scherenschnitte inspirierten die Künstlerin in jüngster Zeit zu Kompositionen, die wieder neue formale Aspekte entdecken lassen. Nach so vielen Jahren, in denen Sonngard Marcks immer wieder mit ihren Werken zu überraschen und zu begeistern vermochte, scheint sie mehr denn je auf der Höhe der Zeit. Im vergangenen Jahr wurde sie mit drei großartigen Einzelausstellungen im Keramikmuseum Weiden, in der Galerie des BKV München und im Museum Hülsmann in Hildesheim geehrt – nun wird sie mit dem Grassipreis der Anneliese und Carl Goerdeler Stiftung 2017 ausgezeichnet! (€ 3000)
Die beiden Designer Daniel Böttcher und Marlene Schroeder stecken hinter dem Label formverleih. Ihre Produkte zeichnen sich durch schlichten Charme und überraschende Details aus, die ihren Ursprung in der Verbindung von Innovation und Handwerk haben. Ihre besondere Vorliebe gilt dem Material Holz und Textil. Ihre Ideen für Möbel und Raumaccessoires setzen die Designer als freie oder Auftragsprojekte in ihrer eigenen Werkstatt in Leipzig um. Ihr jüngstes Produkt entstand in Kooperation mit dem Designer Andreas Uhlig: Miniatur-Beton-Schlote werden als Verdampfer oder Räucherturm zu wohnzimmertaglichen Objekten. formverleih war 2016 für den German design Award nominiert – nun werden sie mit dem Grassipreis der Sparkasse Leipzig 2017 ausgezeichnet! (€ 2000)
Als Illustratorin wählt Jurate Ridziauskaite einen sehr besonderen Weg. Sie besinnt sich auf die ebenso kontemplativen wie facettenreichen Techniken des Stickens und beschert uns damit sehr überaschende Entdeckungen. Kleine Tücher, die an Einstecktücher aus der Zeit der Dandys um 1900 erinnern, bestickt sie mit Statements, die einerseits die dekorative Sprache von Nadel und Faden sprechen, doch andererseits subtile, mal ironische, mal kritisch konnotierte Botschaften überbringen. Auf einem schwarzen Rock entwickelt sie tagebuchartig, als “work in progress”, ihre ganz eigene Welt, deren Zusammenhänge und Inhalte sich in farbefroher Dramatik zwischen den Falten abspielen. Subversiv mag man sowas nennen, allerdings auch sehr unterhaltsam und einfach großartig. Jurate Ridziauskaite, die 2017 zu ersten Mal an der GRASSIMESSE teilnimmt wird mit dem Appoline Preis von Familie Lyskov-Saucier aus Pau/Frankreich, ausgezeichnet! (€ 2000)
Die berliner Schmuckgestalterin Svenja John arbeitet bereits seit 1994 mit ihrem Lieblingsmaterial, Macrofol, einer Polycarbonat-Folie, der sie durch komplexe Schneide- und Stecktechniken einen unerschöpflichen Reichtum an Strukturen, Muster und Farbzusammenstellungen entlockt. Diese unverwechselbaren, unikaten Schmuckkreationen entstehen mit Unterstützung computergesteuerter Techniken, die der Künstlerin als wertvolles Werkzeug zur Realisierung ihrer raffinierten Gestaltungsvorstellungen dienen. Faszinierende geometrische Strukturen fügt sie zu prächtigen Schmuckstücken, für die sie nun den Grassipreis der Galerie Slavik/ Wien zugesprochen bekam! (€ 2000)
Den von der Firma culturtraeger gestifteten GRASSI-Nachwuchspreis erhielten, bereits zu einem früheren Zeitpunkt von einer eigenen Jury ausgewählt, die beiden Industriedesign an der Burg Giebichenstein studierenden Amélie Ikas und Chris Walter für ihr Projekt „Sitzen stehend Leute“. Dies ist ein Ort, welcher Begegnungen schafft. Eine Kette, die mit ihren Gliedern flexibel verformbar ist, um der Divergenz menschlicher Kommunikation gerecht zu werden. Die Flexibilität unterstützt all die vorstellbaren Situationen unterschiedlichster Gespräche, um diesen eine Form zu schenken. Ähnlich wie die Gestik oder Mimik unterstreicht die Sitzgelegenheit das Gespräch. So wird es formal sichtbar und existiert noch für einen Moment länger, nachdem es beendet ist. Die Form ist der Nachlass des Gesprächs und soll dazu einladen, ein weiteres zu beginnen und ihm eine neue Form zu verleihen. Das Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig erhält das Objekt als Schenkung.