Im Rahmen der GRASSIMESSE wird alljährlich der GRASSI Nachwuchspreis für Design vergeben. Dieser geht immer an eine ausgewählte Abschlussarbeit des Fachbereichs Design an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle und wird von der Leipziger Werbefirma culturtraeger GmbH finanziert. 2008 rief culturtraeger den Preis ins Leben, um jährlich junge Designtalente zu fördern.
Bis zum 3. September 2023 zeigt nun eine Studioausstellung (Kuratorin: Thyra Günther-Lübbers) im Foyer der 1. Etage des GRASSI Museums für Angewandte Kunst die bislang prämierten Objekte, die auch für das Museum angekauft wurden. Das beispielhafte Engagement der Leipziger Firma culturtraeger, die, 1993 gegründet, gleichzeitig ihr 30-jähriges Firmenjubiläum feiert, wird hier ebenso in den Fokus gerückt wie die dadurch ermöglichte, kontinuierliche Dokumentation zeitgenössischer Designpositionen.
Diese repräsentieren eine junge Design-Generation, die sich zwischen geschütztem Arbeiten im Hochschulrahmen und beginnendem Berufsleben bewegt. Die auf sehr unterschiedliche Weise den Zeitgeist und das Prozesshafte ihrer Findung reflektiert. Der durchweg objekthafte Habitus ihrer Konzepte weist weit über die Idee des Funktionalen hinaus. Neben den Exponaten informieren Kurzportraits der Gestalter und Gestalterinnen darüber, wie sie zum Designstudium fanden und wie es nach dem GRASSI Nachwuchspreis für sie weiterging.
Renate Luckner-Bien zitiert daraus in ihrer ungehaltenen Eröffnungsrede:
„Designer und Designerinnen sind nicht dafür da, schicke Produkte zu entwerfen. Sie haben die Aufgabe, sich aktiv in den gesellschaftlichen Diskurs einzubringen und damit Verantwortung zu übernehmen. Mit Mut und Selbstvertrauen sollen sie auf den Gipfel des Berges steigen, um von dort aus in alle Richtungen zu schauen. Denn für ihre in der Regel interdisziplinäre Arbeit brauchen sie Über- und Durchblick, gute Ideen, den Willen und den Mut, in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit gestalterischen und künstlerischen Mitteln zur Lösung sozialer Fragen beizutragen. Dabei gilt es, Risiken einzugehen, Scheitern einzuplanen und den Humor nicht zu verlieren. Kurz gesagt: Man muss es einfach machen! Denn nichts stimmt glücklicher und zufriedener, als das mit den eigenen Händen Geschaffene.“
Und hier noch die „story behind“ des GRASSI Nachwuchspreises:
Am Anfang stand die Idee von Michael Berninger, Gründer, Inhaber und Geschäftsführer der culturtraeger GmbH, einen Förderpreis für Designstudierende der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle auszuloben. Er wandte sich mit diesem Anliegen an die damalige Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Burg, Renate Luckner-Bien, die sich sofort dafür begeisterte, denn bis dahin gab es nur Preise für Diplome in den Fachbereichen der Kunst aber keine Auszeichnungen für Absolventen der Studienrichtungen im Design. Dies ändern zu wollen folgte der Erkenntnis, dass sich das Berufsbild der Designer im Laufe der Zeit verändert hat.
Die meisten Designabsolventinnen und -absolventen erwartet nicht mehr eine Zukunft als Angestellte von Unternehmen, sondern eine freiberufliche Tätigkeit, in der sie ihre Produkte und Dienstleistungen als Freelancer anbieten. Sie selbst sind in jeder Hinsicht für den eigenen Erfolg oder das eigene Misslingen verantwortlich, also in ebenso prekären Arbeitsbedingungen unterwegs und von der öffentlichen Wahrnehmung abhängig, wie freie Künstlerinnen und Künstler. Eine besondere Auszeichnung, wie der GRASSI Nachwuchspreis, begleitet von Ausstellungen, Publikationen und Ankauf, kann da wahrhaftig ein positiver Gamechanger sein.
Michael Berninger erwies sich mit seiner Initiative als Pionier – und seit 2012 gibt es auch den von der Hochschule vergebenen, in fünf Kategorien ausgeschriebenen GiebichenStein-Designpreis. Hierfür werden alljährlich circa 20 Abschlussarbeiten von einer Jury nominiert. Unter diesen Nominierungen wählen Michael Berninger für culturtraeger und eine Kuratorin des GRASSI Museums für Angewandte Kunst Leipzig seither die oder den mit dem Nachwuchspreis Auszuzeichnenden aus. Die prämierten Arbeiten erfahren in der Folge große Aufmerksamkeit.
Der Junge Freundeskreis des Museums, die GRASSI friends, etablieren seit diesem Frühjahr das Veranstaltungsformat des GRASSI#TALK: eingeladene Designer und Designerinnen werden von den Initiatorinnen Sandra Sansclean und Jana Schindelhauer zu ihrem Schaffen befragt. Den erfolgreichen Auftakt im Juni gaben die Design-Duos von OODD Studios (Textiles) und Studio Papaya (Keramik) aus Leipzig. Das sprach sich herum, sodass der Einladung zum jüngsten GRASSI#TALK mit den beiden Nachwuchspreisträgerinnen Lea Schweinfurth – 2019 für ihr Design des Accessoires „Jersey Stripes“ – und Verena Zimmermann – 2020 für das taktile Bilderbuch „Zwei Ameisen auf Reisen“ für blinde und seheingeschränkte Kinder – noch sehr viel mehr Interessierte folgten.
Damit erhielt, passend zum Jubiläum des Preises, auch dieser noch einmal große Aufmerksamkeit. Die Preisträgerinnen waren sich darin einig, dass die Auszeichnung ihnen größeres Selbstbewusstsein vermittelt hat. Die Bestätigung der eigenen Arbeit und die ihnen entgegengebrachte Wertschätzung ermutigt sie sehr darin, ihre Ziele zu verfolgen.
Die Ausstellung Kunsthochschule goes Museum – 15 Jahre GRASSI-Nachwuchspreis ist noch bis zum 7. September 2023 im GRASSI Museum für Angewandte Kunst zu sehen.
Am 29. August 2023 um 18.30 Uhr findet eine Werkschau im Studio „Produkt Design Leipzig“, des ersten GRASSI-Nachwuchspreisträgers von 2008 Ilja Oelschlägel, statt. (Anmeldung erforderlich an: grassifriends@grassimuseum.de)
Ein weiterer GRASSI#TALK ist für August geplant – Informationen gibt es auf dem Instagram-Account der GRASSI friends.
Ich danke Renate Luckner-Bien für die Zurverfügungstellung Ihrer Eröffnungsrede als zusätzliche Informationsquelle.