Im Laufe dieses 150-jährigen Jubiläumsjahres des GRASSI Museums für Angewandte Kunst Leipzig gab es schon viele Höhepunkte: die drei Sonderausstellungen A CHAIR AND YOU, ZUKÜNFTE. Material und Design von Morgen sowie die sich vor den internationalen Sammler*innen und Schenkgeber*innen verbeugende Ausstellung DANKE. MERCI. GRAZIE. HARTELIJK DANK, das großartige Festwochenende im Mai, eine Vielzahl von Veranstaltungen, die Präsentation neuer hochrangiger Kunstwerke, Interventionen in den Ständigen Ausstellungen und interessante Projekte und Kooperationen wie das außergewöhnliche Online-Projekt „150 Jahre – 150 Objekte“.
Nun folgt am 29. und 30. November 2024 das Symposium „DIE ZUKUNFT DES SAMMELNS. Das Museum für Angewandte Kunst morgen“ als letzter Akt des Geburtstagsjahres. Es möchte eine besondere Gelegenheit bieten, sich unter Kolleg*innen aus anderen Museen für angewandte Kunst und den Häusern auszutauschen, deren Sammlungsgebiete sich mit diesen thematisch überschneiden. Sie wurden über die Fachmedien und persönliche Anschreiben nach Leipzig eingeladen.
Das Thema umfasst und verbindet alles Relevante der Museumsarbeit. Es wird, vom Podest der 150 bewegten und beeindruckenden Sammlungsjahre des GRASSI MAK aus, den neugierig forschenden Blick – Mutmaßungen, Analysen und Hoffnungen – in die Zukunft der Museen für Angewandte Kunst richten. Ihr Auftrag lautet seit jeher „Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln“. Das Sammeln ist der Anfang. Voraussetzung für die Ausrichtung des Museums, seiner Aktivitäten und Ausstellungen. Es ist DAS aktuelle Thema in Zeiten überfüllter Depots, immer kleiner werdender Kurator*innenen-Teams, gesellschaftlichen und politischen Wandels und der allumfassenden Digitalisierung. Es stellt Konzepte des Sammelns, Anforderungen an Nachhaltigkeit auf allen Ebenen und die vielfältigen Aspekte der Provenienzforschung ins Zentrum der Debatte, die zu führen, heute und in Zukunft, so enorm wichtig ist.
Das Team des GRASSI MAK hat die Bedeutung dieser Tagung in der Planung zum Jubiläum immer als besonders bedeutsam herausgestellt. Über die Grundfragen des Sammelns möchten die Kurator*innen in Leipzig mit ihren Kolleg*innen sprechen. Umso größer ist nun die Vorfreude, auch auf die Referent*innen, die gemäß ihrer Expertise ausgesucht und eingeladen wurden. Die sich in den gebotenen Fragestellungen spezialisiert und viel bewegt haben. Die durch ihren ausdrücklichen Bezug zur Arbeitspraxis und zu den Anforderungen in Museen der Angewandten Kunst verbunden sind.
Im Gespräch mit Dr. Thomas Rudi, Kurator Historische Sammlungen und Dr. Stefanie Seeberg, Kuratorin Textilsammlungen, die mir über die Planung und Erwartung an das Symposium berichten, offenbaren sich beispielhaft schnell konkrete Fragen:
Werden wir angesichts übervoller Depots den Objekten überhaupt gerecht? Wie entscheidet man über die Sammlungswürdigkeit der Artefakte angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen? Wie stark prägt die jeweilige Zeitgenossenschaft das Sammeln, das Sammlungsinteresse? Was für Entscheidungen werden heute für die historischen Objekte getroffen? Wir haben Verantwortung für das Historische und dessen Vermittlung – warum heben wir es sonst auf? Wie steht es um die Einordnung zeitgenössischer Phänomene? Wie ist die Moderne im Kontext des Historischen – und umgekehrt – zu bewerten? …Fortsetzung folgt!
In unserer Gegenwart, die von Umbrüchen auf allen Ebenen geprägt wird, ist der Austausch unter Fachkollegen hochwillkommen um sich darüber klar zu werden, wie Sammlungskonzepte zu überdenken und anzupassen sind. Wie zeitgemäße Anforderungen auch den Umgang mit historischen und aktuell entstehenden Sammlungen bestimmen. Das Kontroverse im Umgang mit diesen Themen ist auch das Spannende, schärft und öffnet das Bewusstsein aller, die sich professionell, im Auftrag der Gesellschaft, damit beschäftigen.
Konkrete Lösungen könnte man bestimmt auf der politischen und der finanziellen Ebene finden – auf die das beauftragte Museumspersonal, Kurator*innen, Wissenschaftler*innen und Restaurator*innen, nur bedauerlich wenig Einfluss haben. Also geht es umso mehr darum, sich diesen Fragen zu stellen, um dennoch einen souveränen Umgang mit all diesen Herausforderungen zu finden.
Das Team des GRASSI MAK sieht sich schon durch die Erfahrungen aus dem Jubiläumsjahr, zu dessen Inhalten und Organisation Arbeitsgruppen gebildet wurden, bestätigt. Im alltäglichen Ablauf bleibt normalerweise nur wenig Zeit übergreifende Themen zu diskutieren, die für das Haus doch so wichtig sind. Alle haben viel zu tun. Doch die Teamarbeit im Rahmen der Jubiläumsvorbereitung, im Miteinander der inhaltlichen Findung, gaben den Anstoß dafür, sich auch weiterhin regelmäßig zu treffen um die inhaltlichen Gespräche aufrecht zu erhalten. Das ist ein schönes Ergebnis.
Zurück zum Symposium „DIE ZUKUNFT DES SAMMELNS. Das Museum für Angewandte Kunst morgen“, das mit seinem Programm ausdrücklich als Fachtagung konzipiert ist, um den drängenden fachlichen Fragen und Themen ein Forum zu bieten. Doch es möchte auch alle, denen das GRASSI MAK am Herzen liegt, ein Stück weit mitnehmen und für die komplexen Fragestellungen und Herausforderungen in der Museumsarbeit sensibilisieren. Als Referentin des Festvortrages am Freitag, dem 29. November 2024, um 18 Uhr, wurde Prof. Dr. Birgitt Borkopp-Restle von der Universität Bern gewonnen, die dem Thema mit ihrer umfassenden Expertise gewiss den roten Teppich ausrollen wird: „Sammeln für die Zukunft – von Anfang an“, als eine kulturelle Zeitreise und Hintergrund für die Fragestellungen von heute.
> das vollständige Programm findet man hier: https://www.grassimak.de/symposium/