Ausstellung

Mitdenken & Mitmachen: das Rahmenprogramm der “Zukünfte”

Das Rahmenprogramm des GRASSI Museums für Angewandte Kunst Leipzig zu seiner Ausstellung „Zukünfte – Material und Design von Morgen“ ist in diesem Jahr besonders reichhaltig und umfassend, weil das Medium „Ausstellung“ allein zur angemessenen Veranschaulichung dieses dynamischen Themenkomplexes zu statisch erscheint. Die Darstellung des unaufhaltsamen Wandels, seiner ebenso komplexen wie vielfältigen Ursachen wie der Fülle an möglichen Antworten darauf erfordert eine interaktive Herangehensweise.

Mit aller Umsicht erfolgte die Präsentation der ausgewählten Projekte, Produkte und Prozesse – ihre Erläuterung in wohlüberlegten Textbeiträgen und Begleitung durch Videos und Versuchsanordnungen sowie dem beachtenswerten Katalog.

Zukünfte – Ideen und Kommentare der Besucher | Foto: SvGwinner

Die Besucher werden auf unterschiedliche Weise einbezogen und ermutigt, ihre Stellungnahme abzugeben, selbst auszuprobieren. Sie können ihre Reaktionen in der Ausstellung veröffentlichen und damit weitere Gäste inspirieren es ihnen nachzutun. Die Kuratorin Silvia Gaetti ist hellauf begeistert: „es ist so interessant auf was die Menschen kommen, was sie in kleinen Zeichnungen und Texten festhalten. Aus der Ausstellung lassen sich so viele Inspirationen ziehen. Darüber zu sprechen beflügelt das eigene Denken!“

Das breit aufgestellte Rahmenprogramm lädt mit Führungen, Workshops, im Leseclub, in einer Filmreihe, in Paneldiskussionen und einem Symposium dazu ein, sich als Besucher angesprochen zu fühlen, gehört zu werden. Natürlich, die Zukunft geht uns alle an und wir alle haben auch eine Meinung dazu. Doch allzu oft verstellen uns dystopische und komplexe, technologiebeladene Zukunftsszenarien in ihrer Omnipräsenz den Blick auf eine hoffnungsvolle, wünschenswerte Zukunft, für deren Gestaltung das Design doch eine konstruktive Rolle übernehmen kann.

 

2023 Work Kit of „Design Fiction“ by Near Future Laboratory: Sammlung von 100 »algorithmisch erweiterten« Stichwortkarten, die variabel miteinander kombiniert mögliche Szenarien in einer Vielzahl von Zukünften visualisieren | Foto: SvGwinner

Die Leipziger „Zukünfte“ reflektieren vor allem die kreativen und optimistisch gefärbten Visionen einer jungen, hoffnungsvollen Designergeneration. Ihr großer Verdienst liegt darin, dass sie uns immer wieder Anlass gibt, über uns selbst, über unsere Stellung in der Welt nachzudenken. Hier lassen sich weitreichende Überlegungen zu einem revidierten aktualisierten Verständnis der Aufgaben und Bedeutung von Design für die Gestaltung der Zukünfte mobilisieren. Methodisch folgen viele der vorgestellten Projekte dem Vorbild aus den Naturwissenschaften, deren Forschungen zumeist spekulative Thesen an den Anfang der Ermittlungen stellen. Auch das spekulative Design projektiert zuerst mögliche Ziele, um diese dann prozesshaft als Zukunftsszenarien konkret erfahrbar zu machen.

Das Produktdesign verlässt seine Studios und zieht um, in sogenannte Labs. Es verschiebt seine Forschungsschwerpunkte immer mehr in die Analyse, Erforschung und den Einsatz biozirkulärer Materialien, in die Kollaboration mit Myzelien und Insekten, den Einsatz anspruchsvoller Technologie. Nicht nur ökoeffiziente Produkte und Dienstleistungen stehen im Zentrum der Überlegungen, sondern insgesamt zukunftsfähige, nachhaltige Produktions-, Konsum- und Lebensweisen. Design versteht sich hier als Katalysator eines ebenso wünschenswerten wie dringend notwendigen Wandels.

Informative Führungen der beiden Kuratorinnen Sabine Epple und Silvia Gaetti durch die „Zukünfte“ geben häufige Gelegenheit zum Austausch.

 

Earthseed – Event

Im Buchclub „Earthseed“ liest und diskutiert die Künstlerin Karoline Schneider in fünf Veranstaltungen mit eingeladenen Gästen Bücher in Originalsprache und Übersetzungen, die sich mit Zukünften, Ökologie und Symbiose beschäftigen.
‘Der Wandel ist die Einzige Konstante‘ schreibt Octavia E. Butler in ihrem Roman „Parabel of the Sower“, der 1993 veröffentlicht wurde. Seine Handlung beginnt im Jahr 2024. Die dort beschriebene Welt ist in einem dystopischeren Zustand als unsere tatsächliche heute. Doch in den vielfältigen Krisen, die wir erleben räsoniert der Text mit unserer Gegenwart. Ausgehend von dem Roman „Parabel of the Sower“, werden Texte erkundet, die beim Denken zukünftiger Gesellschaften unterstützen. Die Teilnehmer werden ins Gespräch über Resilienz und ihre Erfahrungen kommen, Samen säen und Fähigkeiten austauschen. Das gesamte Programm lässt sich noch unter diesem Link nachvollziehen.

Im Rahmen der aktuellen Sonderausstellung “Zukünfte. Material und Design von Morgen” des GRASSI Museum für Angewandte Kunst zeigt die Cinémathèque Leipzig bis Ende Mai filmische Zukunftsentwürfe zwischen Natur und Technik. Ausgehend von den Menschen und ihrem Verhältnis zu Umwelt, Material und Design präsentiert die Filmreihe unterschiedliche Visionen aus der Filmgeschichte, die der Zukunft einen Weg weisen. Das Programm finden sie unter diesem Link.

Sehr zu empfehlen ist der Blick in das aktuelle Programm, das für die kommenden Wochen noch jede Menge interessanter Veranstaltungen anbietet:

Kuratorin Silvia Gaetti in der Ausstellung | Foto: SvGwinner
Ausstellungsansicht Zukünfte | Foto: E.Hoyer

Diskussionen über die Materialien der Zukunft werden von Kreatives Sachsen und Kreatives Leipzig e.V. sowie den – teilweise auch ausstellenden – Studierenden der Kunsthochschule Halle Burg Giebichenstein angeboten (16.04.2025, 18 Uhr & 14.05.2025, 18 Uhr)

Im Rundgang zu Kreislaufwirtschaftsprojekten im Leipziger Westen geht es um bereits bestehende Projekte und Initiativen (26.04.2025, 10.30 -13 Uhr)

Workshops greifen viele spezielle Themen auf, z.B. der über „Mycoustics“, in dem Pilze und Biomaterialien für Sound und Raumakustik vorgestellt werden (07.05.2025) oder in einer Reise ins Jahr 2048, in der die Zukunft befragt wird.(21.05.2025)

Die  Arbeit „Wurzelwerk“ von KollektivPlusX  entsteht ab April im Rehgarten des Museums

Dem Symposium am 16. & 17.Mai 2025 widme ich einen eigenen Blogbeitrag: Das ZfBK – Zentrum für Baukultur Sachsen setzt in diesem Jahr mit dem Projekt „Schöner Wandel“ seine Beschäftigung mit nachhaltiger Baukultur fort. Das Symposium im Leipziger GRASSI Museum stellt den Projektauftakt dar.